Regierungsrat revidiert die Verordnung zum öffentlichen Beschaffungswesen

02.03.2022

Der Grosse Rat hat am 15. September 2021 den Beitritt zur Interkantonalen Vereinbarung vom 15. November 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB 2019) beschlossen und das Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. September 2021 verabschiedet. Es ist kein Referendum ergriffen worden. Der Regierungsrat des Kantons Thurgau hat nun die totalrevidierte Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB) und die Weisung zum öffentlichen Beschaffungswesen (WöB) genehmigt.

Damit tritt der Kanton Thurgau per 1. April 2022 der IVöB 2019 bei und es gilt ab diesem Zeitpunkt das neue Beschaffungsrecht. Der Kanton Thurgau leistet so seinen Beitrag an die angestrebte schweizweite Harmonisierung des Beschaffungsrechts. Er ist nach den Kantonen Aargau und Appenzell Innerrhoden der dritte Kanton, der der IVöB 2019 beitritt. Es wird erwartet, dass noch im Jahr 2022 weitere Kantone beitreten werden.

Das neue Beschaffungsrecht bringt für den Kanton Thurgau keine grundlegenden Änderungen mit sich. Der Qualitätswettbewerb, Nachhaltigkeitsanliegen und die Berücksichtigung innovativer Lösungen werden aber stark an Bedeutung gewinnen. Das Qualitätskriterium wird als verbindliches Vergabekriterium dem Preis gleichgestellt. Den Vergabestellen wird ein grösserer Spielraum bei der Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit zur Verfügung gestellt. Diese Stärkung der Nachhaltigkeit soll und wird die Ausgestaltung der Kriterien in den künftigen Vergabeverfahren vermehrt prägen.

Das Bundesparlament hat im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen ein neues Zuschlagskriterium hinzugefügt mit dem Ziel, die hiesigen Anbieter vor der ausländischen Konkurrenz zu schützen. Dieses Zuschlagskriterium sieht vor, dass die unterschiedlichen Preisniveaus in den Ländern, in denen die Leistung erbracht wird, berücksichtigt werden. Mit dieser «Preisniveau-Klausel» sollen die schweizerischen Unternehmen vor der ausländischen Konkurrenz im Preiskampf um öffentliche Aufträge geschützt oder gestärkt werden. Das kantonale Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen sieht nun ebenfalls eine solche «Preisniveau-Klausel» vor. Damit können auch im Kanton Thurgau die unterschiedlichen Preisniveaus in den Ländern, in denen die Leistung erbracht wird, berücksichtigt werden.

Sowohl für die öffentlichen Auftraggeberinnen und Auftraggeber als auch für die Anbieterinnen und Anbieter werden zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, die bei der Umsetzung des neuen Rechts Hilfestellung bieten können. Hervorzuheben sind insbesondere der Beschaffungsleitfaden TRIAS (in Erarbeitung) und die dazugehörigen Faktenblätter (siehe https://www.bpuk.ch/bpuk/konkordate/ivoeb/trias). Auch auf der Webseite der Fachstelle öffentliches Beschaffungswesen werden weiterführende Informationen zum neuen Beschaffungsrecht verfügbar sein.

An der Tagung der Stadt- und Gemeindeschreiber/-innen sowie an der Tagung der Bauverwalter/-innen wird Stefan Brühwiler, der Fachstelle öffentliches Beschaffungswesens des Kantons Thurgau, über die wesentlichsten Änderungen informieren.